ALS gewinnt Klage gegen Cont-Trans

Schadenersatz beträgt mehr als 800.000 Euro.

Die Cont-Trans Entsorgungsgesellschaft mbH muss der Abfallentsorgung Landkreis Stendal Dienstleistungsgesellschaft mbH (ALS) Schadensersatz zahlen – das hat das Landgericht Stendal mit einem am 17. Januar 2024 verkündeten Urteil festgestellt. Eingeklagt ist ein Schaden von über 800.000 Euro.

„Mich freuen an der Gerichtsentscheidung vor allem zwei Dinge“, äußerte sich Patrick Puhlmann nach dem Urteil zufrieden. „Erstens, dass wir uns als öffentliche Hand solche Geschäftspraktiken nicht haben gefallen lassen und mit langem Durchhaltevermögen bei diesem Prozess Erfolg hatten. Das zweite ist: Für die Gebührenzahler hat sich der Prozess gelohnt, weil die Schadensersatzsumme zur Dämpfung künftiger Kostensteigerungen eingesetzt werden kann“, so der Landrat das Landkreises Stendal. Auch ALS-Geschäftsführer Hendrik Galster freut sich über den im Prozess erreichten Meilenstein: „Wir haben diese Klage im Interesse der Gebührenzahler des Landkreises Stendal erhoben.“

Der Schaden entstand durch das Verhalten von Cont-Trans als Bieter im Ausschreibungsverfahren für die Abfallsammelleistungen im Landkreis Stendal im Jahr 2017. Cont-Trans gab ein auffälliges Angebot ab: Dieses unterbot ALBA in mehr als 50 Preispositionen geringfügig. Die Nachforschungen der ALS ergaben, dass Cont-Trans die Kalkulationsdatei der ALBA zur Verfügung gestanden hatte. Die im Verfahren vorgelegten Urkalkulationen beider Bieter waren vom Aufbau bis hin zu Rechtschreibfehlern und Abkürzungen sowie Prognosen im fünfstelligen Bereich identisch. ALBA konnte nachweisen, nicht abgeschrieben, sondern selbst kalkuliert zu haben. Deshalb konnte nur Cont-Trans bei ALBA abgeschrieben haben. Aufgrund dessen schloss die ALS Cont-Trans wegen einer schweren Verfehlung (wettbewerbswidriges Verhalten) vom Vergabeverfahren aus.

Dagegen zog Cont-Trans erfolglos vor die Vergabekammer – zunächst mit der Behauptung, die Kalkulation von ALBA nicht gekannt zu haben. Als sich dies im Verlauf nicht mehr aufrechterhalten ließ, behauptete Cont-Trans, ihr Berater habe die Kalkulation eines Tages auf einem Daten-Stick im Briefkasten vorgefunden und für die Kalkulation verwendet. Die Vergabekammer hielt dies zumindest für fahrlässig und bestätigte den Ausschluss im April 2018. Dagegen beschwerte sich Cont-Trans vor dem Oberlandesgericht (OLG) Naumburg – und nahm die Beschwerde in der mündlichen Verhandlung im August 2018 mangels Erfolgsaussichten zurück.

Das Verhalten von Cont-Trans verursachte bei der ALS hohe Schäden. Zunächst entstanden Kosten für die erforderlichen Nachforschungen und Prüfungen im Vergabeverfahren. Weil während des Vergabeverfahrens ein Zuschlagsverbot besteht, musste die ALS neue Vergabeverfahren für eine Übergangsentsorgung durchführen. Diese Verfahren kosteten Geld und die Übergangsentsorgung wurde teurer, als die Entsorgung nach regulärer Ausschreibung gewesen wäre. Als sich die Vergabe durch die Beschwerde von Cont-Trans weiter verzögerte, sprang noch der Bieter für die Sperrmüllabfuhr ab und ein teureres Angebot musste den Zuschlag erhalten.

Im Jahr 2019 klagte ALS die Schäden beim Landgericht Stendal ein. Ob alle geltend gemachten Beträge verlangt werden konnten, hing nach Auffassung des Gerichts davon ab, ob der Version vom ominösen Auftauchen des Daten-Sticks im Briefkasten des Beraters Glauben geschenkt werden konnte. Da dieser inzwischen in der Schweiz lebt, während der Coronazeit nicht in Deutschland vernommen werden konnte und auch danach nicht zum Prozess erschien, musste Rechtshilfe von der Schweiz erbeten werden. So kam es erst im Mai 2023 zur Vernehmung im Kanton Graubünden, im Januar 2024 zum Urteilsspruch. Cont-Trans kann noch Berufung gegen das Urteil einlegen. Außerdem muss der Streit nun noch über die exakte Höhe der Schadensersatzansprüche fortgesetzt werden.

Ein Strafverfahren gegen den Verantwortlichen Norman M. und eine ehemalige Mitarbeiterin von ALBA, durch die Cont-Trans an die Kalkulationsdatei gelangt sein soll, ist noch nicht abgeschlossen.