Wasserkonferenz thematisiert Hoch- und Niedrigwasser

80 Gäste diskutieren auf Einladung beider altmärkischen Landkreise in Osterburg.

Wie ist das Hochwasser an Biese und Aland über den Jahreswechsel einzuordnen, wie ist derzeit die hydrologische Situation in Sachsen-Anhalt und im speziellen der Altmark und welche Auswirkungen hat dies für die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen? Diese Kernfragen standen im Mittelpunkt der ersten Wasserkonferenz der beiden altmärkischen Landkreise, welche im Saal der Stadtverwaltung Osterburg ganz unter der Überschrift „Integrierte Ansätze für den Wasserabfluss und -rückhalt“ stand. In Summe 80 Fachleute aus Politik und Wissenschaft sowie interessierte Bürger sind der Einladung der Landräte Steve Kanitz (Salzwedel) und Patrick Puhlmann (Stendal) gefolgt.

Stellvertretend für beide Gastgeber eröffnete der Stendaler Landrat die Premieren-Veranstaltung: „Wir erhoffen uns durch die gemeinsame Wasserkonferenz beider Landkreise eine höhere Reichweite und einen intensiveren Austausch.“ Bei aller Fachlichkeit betonte Puhlmann aber auch, dass „Wasser große Emotionen hervorbringt, denn es geht um eine entscheidende Lebensgrundlage. Unter Trockenheit leiden nicht nur die Landwirte, sondern auch der Anblick vertrockneter Landschaften schlägt uns allen aufs Gemüt.“ Der Stendaler Landrat erwähnte die Forderungen der letzten Jahre nach einem stärkeren Wasserrückhalt. „Dazu gab es im Landkreis Stendal bereits im Jahr 2019 Kreistagsbeschlüsse, hier mehr zu tun“, so Puhlmann, aus dessen Sicht das auch Sinn macht, solange es noch ausreichende Niederschläge gibt, die nur immer seltener aber dafür immer intensiver werden. „Wir müssen etwas tun, damit die Altmark und das Elbe-Havel-Land nicht zur Steppe werden“, bekräftigte der Landrat seine Forderungen der vergangenen Jahre. „Vor dem Eindruck der zurückliegenden Dürrejahre haben wir uns intensiv in die Fachdiskussion zur Erneuerung des Wassergesetzes eingebracht. Dieses muss den Stellenwert des Wasserrückhalts neu regeln“, erklärt Puhlmann und verwies darauf, bestenfalls bei der nächsten Wasserkonferenz intensiv auf das neue Gesetz einzugehen.

Den ersten Fachvortrag präsentierte Sebastian Kloß vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW). Er betrachtete die Hoch- und Niedrigwassersituation in Sachsen-Anhalt, mit speziellem Blick auf die Altmark, der vergangenen zehn Jahre. Dabei stellte er zunächst fest, dass sich speziell seit dem Jahr 1985 warme Jahre häuften. Kloß erläuterte, die der LHW Daten zu Grund- und Oberflächenwasser erfasst und welche Bedeutung die Ergebnisse der einzelnen Messstellen haben. „Mit dem Winterhochwasser 2023/2024 liegen die Grundwasserstände derzeit erstmals seit etlichen Jahren wieder 30 Zentimeter über dem langjährigen Mittel“, erklärt Kloß. Mitverantwortlich dafür seien vor allem die Niederschlagsmengen gewesen, die in den Wintermonaten das zwei- bis dreifache der mittleren Monatswerte erreichten.

Im Anschluss daran hat Martina Große-Sudhues die Hochwassersituation an Biese und Aland und damit dem Grund, weshalb die Wasserkonferenz früher als gewohnt und noch dazu in Osterburg stattfindet, eingeordnet. So sprach sie von 3.600 Hochwassermeldungen über die Wintermonate im ganzen Land, was verdeutlich: Nicht nur Biese und Aland haben mehr Wasser geführt. „Es gab aber keine nennenswerten Ereignisse, außer an der Helme, was uns zeigt, dass unser System funktioniert“, so Große-Sudhues. Die LHW-Chefin lobte die Zusammenarbeit mit den Akteuren vor Ort und stellte in der Folge vor, wie der LHW auf Hochwasser vorbereitet sei und wie Bürger sich informieren können. Vor allem verwies sie dabei auf die Funktionalität sowie Aktualität der LHW-App. Dass großes Interesse an Informationen darüber bestünde, hätten laut Große-Sudhues die Nutzerzahlen während des Hochwassers gezeigt. Gleichzeitig hat sie alle Interessierte auf die jährlichen Gewässerschauen hingewiesen, um mit dem LHW an den Orten des Geschehens im Austausch zu sein.

Anne-Marie Schulze ordnete die jüngste Hochwassersituation einmal mit Blick auf das Förderrecht für Landwirte ein. Dabei erklärte die Abteilungsleiterin Landwirtschaft des Amtes für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forstwirtschaft (ALFF) Altmark, was die Landwirte nach den jüngsten Ereignissen tun könnten, um eine optimale Förderung zu erhalten. Dabei sprach sie auch davon, dass „teilvernässte Flächen seitens der Bewilligungsbehörde bis zu einem gewissen Grad toleriert werden.“ Sie machte den Landwirten, die unter den Folgen des Hochwassers zu leiden haben, also Hoffnung, dass es mit Blick auf die Förderung Handlungsspielraum gäbe.

Kerstin Ramminger unterstrich in ihrem Vortrag die Forderung der Landwirte, dass „Staue und Wehre ertüchtigt werden müssen, um Wasser zu halten und den Durchfluss zu regulieren.“ Weiterhin erläuterte die Geschäftsführerin des Kreisbauernverbandes Stendal die Folgen der hohen Niederschläge für die Landwirtschaft. Dabei führte sie Beispiele an, bei denen Landwirte bei bestimmten Flächen bis zu 100 Prozent Ausfall zu verzeichnen hatten. „Dadurch entstehen hohe finanzielle Verluste“, erklärte Ramminger und verwies darauf, dass auch jetzt Flächen im Bereich Dobbrun, der Wische und dem Elb-Havel-Winkel noch nicht befahrbar sind.

Abschließend moderierte Patrick Puhlmann eine offene Diskussionsrunde. Der jüngsten Lage entsprechend wurde schwerpunktmäßig über die Hochwassersituation gesprochen. Dabei stand vor allem die Frage im Raum, weshalb heutzutage deutlich weniger Wasser über den Aland abfließen kann, als dies noch in den 1950er Jahren der Fall war. Dazu erklärte Martina Große-Sudhues im Rahmen der Diskussion, dass dies vor allem an den veränderten Rahmenbedingungen zur Bewirtschaftung der Gewässer läge. Zudem wurde auch klar: Es bestand kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der gegenwärtigen Bewirtschaftung von Aland und Biese zum Hochwasser. Dieses war mehreren Ursachen geschuldet, etwa der hohen Niederschlagsmengen aus der gesamten Altmark. In Dobbrun sind zwar hohe Mengen an Wasser abgeflossen, es kamen aber höhere Mengen immer wieder nach, die sich an dieser tiefsten Stelle des Landkreises Stendal gesammelt haben. Rüdiger Kloth, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Seehausen, lobte in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit zwischen Landrat, Bürgermeistern und dem LHW während der Hochwasser-Situation und auch zu deren Auswertung.